„Bildungspolitische Kirchtürme“ an der Bergstraße

Veröffentlicht am 15.04.2010 in Gemeindenachrichten

Man muss ja die bildungspolitischen Konzepte der Stuttgarter Landesregierung nicht alle gut finden, aber dort sitzen schließlich auch Fachleute, bei denen gewisse Grundsätze was sinnvolle Schulgrößen anbelangt, unstrittig sind. Bereits im Februar 2007 verkündete das Kultusministerium in einer Presseerklärung, dass Hauptschulen unter 85 Schülerinnen und Schüler „gefährdet“ seien.

In unserem Raum betraf dies damals die Schulen in Ilvesheim, Neckarhausen, Edingen und Dossenheim. Bürgermeister und Gemeinderäte in den drei erst genannten Standorten setzten sich mit den Ladenburgern zusammen und vereinbarten eine vorbildhafte Kooperation. In einer von der hiesigen SPD veranstalteten Diskussion zum Thema „Zukunft der Hauptschule“ mit dem Heidelberger Schulbürgermeister Dr. Gerner wurden - außer den eigenen - keine Gemeinderäte gesichtet. Stattdessen schmiedete man in Dossenheim noch teuere Mensapläne. Immerhin wird inzwischen die Frage der Wirtschaftlichkeit in der Schulpolitik auch in Dossenheim gesehen.

Damals schon schlug die SPD eine Kooperation von Hirschberg, Schriesheim und Dossenheim vor. Im Zentrum der Kooperation sollte Schriesheim wegen seiner guten Erreichbarkeit (5 OEG-Minuten!) und seiner vorhandenen Infrastruktur stehen. Schriesheim hat im Schulzentrum gerade eine neue, große Mensa eingeweiht. Aber Gemeindeverwaltungen und Gemeinderäte entlang der Bergstraße behaupteten alle, dass die Hauptschülerinnen und Hauptschüler jeweils nur an ihrem Ort gut unterrichtet werden würden! Die eigene Hauptschule wurde zur Prestigefrage.

Es mag ja sein, dass über persönliche Kontakte vor Ort Hauptschülerinnen und Hauptschüler in Ausbildungsverhältnisse vermittelt werden können. Aber der Hauptschulabschluss erlaubt auch den Übergang in die Berufsfachschulen (Mittlere Reife) und dann in die beruflichen Gymnasien (Abitur). Um dort bestehen zu können, muss in den Hauptschulen auch ein breit gefächertes und differenziertes Unterrichtsangebot gemacht werden.

Genau an diesem Punkt setzt nun das neue Werkrealschulkonzept der CDU/FDP-Koalition an. Aber wieder sind die Gemeindeverwaltungen und CDU/FDP-Gemeinderäte längs der Bergstraße die Blockierer in der Umsetzung des neuen Werkrealschultyps, der ja von den eigenen Landtagsabgeordneten (einschließlich Frau Arnold und Herrn Wacker) als „innovativ“ qualifiziert wird.

Im Unterschied zur SPD, die die Hauptschule stärker in das allgemeinbildende Schulsystem einbinden und das Aussortieren nach der 4. Klasse abschaffen will, verfolgt die CDU/FDP-Koalition das Konzept, die Hauptschule mit dem beruflichen Schulsystem zu vernetzen. Die klassische Dreiteilung der beruflichen Schulen – kaufmännisch, hauswirtschaftlich, gewerblich – wird in Form von Schwerpunktfächern ab der 8. Hauptschulklasse unterrichtet. In der 10. Hauptschulklasse wird dieser Schwerpunkt an zwei Tagen direkt an den beruflichen Schulen intensiviert. Damit hofft man, die Hauptschülerinnen und –schüler sowohl besser beruflich zu qualifizieren als auch den Übergang ins berufliche Gymnasium zu erleichtern.

Dieser im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems sinnvolle Ansatz kann aber nur funktionieren, wenn diese drei Schwerpunktfächer an den Hauptschulen auch angeboten werden können. Daher fordert das Kultusministerium mindestens 12 Schülerinnen und Schüler pro Schwerpunkt und mindestens 2 Parallelklassen pro Jahrgang. Da nur wenige Hauptschulen diese Voraussetzungen erfüllen können, müssen Schulen kooperieren oder sogar fusionieren. Keine Hauptschule zwischen Weinheim und Heidelberg erfüllt diese Voraussetzungen. Trotzdem erhielt Schriesheim vom Kultusministerium eine zweijährige Sondergenehmigung - quasi auf Bewährung. Anstatt nun die Schriesheimer soweit zu unterstützen, dass wenigstens dort als einzigem Standort eine fortdauernde, stabile Werkrealschule zustande kommt, beharren sowohl die Hirschberger als auch die Dossenheimer weiter auf ihrer eigenen Hauptschule – gegen das Konzept der eigene Landesregierung.

Die SPD ist gegen die Werkrealschule, weil diese das Aussortieren nach sozialen Kriterien beibehält. Aber wenn sie nun gegen die Stimmen der SPD eingeführt wird, dann muss sie für die Dossenheimer Schülerinnen und Schüler auch in vollem Umfang zugänglich sein. Daher fordert die SPD, sich klar zur Stärkung Schriesheims als Werkrealschulstandort zu bekennen.

Übrigens, die „räumliche“ (offenbar nicht die mentale) Distanz zwischen Dossenheim und Schriesheim ist geringer als zwischen manchen Stadtteilen in Großstädten. Liest man die bildungspolitischen Artikel im Gemeindeblatt gewinnt man den Eindruck, dass es eine Strafe ist, wenn Dossenheimer Hauptschülerinnen und Hauptschüler eine Schriesheimer Schule besuchen müssen.

 

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